Pentagon

Felix Brauneisen

Südlich der Ruine des ehemaligen Aussichtsturmes auf dem Hasenberg befindet sich abseits des stark frequentierten öffentlichen Bereiches das Refugium. Die Silhouette des Gebäudes verbirgt sich durch die fallende Topografie vor dem Blick der Spazierenden.

Beim Durchschreiten der Pforte, dem freistehenden Torbogen fällt der Blick unter den Ästen des zentralen Baumes über den Vorhof auf die Säulenreihe des Einganges. Im Atrium bietet ein zentrales Trinkwasserbecken und Steinbänke den Angekommenen, Möglichkeit zu Rast und ein bequemes Warten auf die Aufnahme in das Refugium. Vorbei am Brunnen durch die Stützreihe wird der Kreuzgang betreten. Um den Innenhof verläuft der pentagonale Kreuzgang auf drei Ebenen, die über Treppenräume in den fünf Ecktürmen verbunden sind. Das im gesamten Bereich des Kreuzganges geltende Schweigegebot ermöglicht das kontemplative Reflektieren während der langen Wege innerhalb des Gebäudes.

Im Erdgeschoss gibt es gemeinschaftliche Räume des Austausches wie den Speisesaal und den Seminarraum, aber auch Räume des geistigen und körperlichen Ausgleichs, wie die Bibliothek und den Bewegungsraum. Während das Erdgeschoss und das Gartengeschoss gemeinschaftlich genutzt werden, ist das Obergeschoss dem individuellen Refugium gewidmet. Die zehn mit Schwellen symbolisch zum Kreuzgang abgegrenzten Zellen ermöglichen den Bewohnenden den Rückzug in „die eigenen vier Wände“. Das Gartengeschoss öffnet sich der Natur und birgt hinter breiten öffenbaren Fensterfronten Orte der kontemplativen analogen Arbeit. Neben einer Werkstatt für Holz und Ton gibt es ein Kunstatelier sowie einen Werkraum für Botanik, dessen Balkon ein kleines Gewächshaus ist und der den Garten im Innenhof bespielt.

Im Bereich des Sockels der fünf Türme befinden sich zwei kleine und drei große Meditationsräume, die mit ihrem unterschiedlichen Charakter einem breiten Spektrum zu Ruhe und Besinnung dienen sollen. Der Meditationsraum im Süden wird von einem zentralen Oberlicht beleuchtet und nimmt die runde Raumgebung des Turmes auf, um mit der Verschneidung von Lichtschacht und Kuppel zu spielen. Ein diagonal zum Querschnitt verlaufender Wandschlitz lässt Licht auf die Treppe fallen, ermöglicht aber keinen Ausblick. Der süd-östliche Meditationsraum besitzt die Grundform eines Pentagons und bildet aus einer Ecke und einem Oberlicht eine apsidische Situation. Ein breiter Schlitz auf Augenhöhe ermöglicht von der Treppenanlage einen Ausblick in die Weite. Durch ein pentagonales Oberlicht zeichnet ein Lichtstrahl Punktformen auf die Wände des inklusiven Meditationsraumes im Nord-Osten. Niedrige Schlitze fluten die Podeste der Treppenanlage mit Licht, während im Kontrast Dunkelheit die Decke verschwinden lässt. Der hohe Deckenabschluss des Meditationsraumes im Nord-Westen mit Kuppelgewölbe und zentralem Oberlicht bildet mit seiner runden Basis und der glatten Betonoberfläche einen Raum, der mit seiner langen Nachhallzeit eine akustische Meditation ermöglicht. Der Treppenturm im Süd-Westen nimmt das Thema des Kreuzganges auf und verbindet die drei Ebenen des Refugiums mit einem von Kolonnaden gesäumten, zu einem pentagonalen Auge geöffneten Treppenraum.

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