Encuentro Delta | Ein neues Zentrum für die deutsch-mennonitische Kolonie Delta in Uruguay

Valentin Giesser, Julius Stark | WS 19/20

Die Kolonie Delta liegt etwa 90 km westlich von Montevideo, der Hauptstadt Uruguays, in welcher mit 1,5 Millionen Menschen und damit etwa die Hälfte der Population Uruguays lebt. Die Dichte in der Region Deltas hingegen liegt bei ca. 7 Personen/km2 und ist damit charakteristisch für die stark landwirtschaftlich geprägten Zonen. Der Großteil der lokalen Bevölkerung lebt von der Vieh- und Milchwirtschaft.

Die Kolonie ist in der Folge des Zweiten Weltkrieges aus einer Flüchtlingsbewegung aus der ehemaligen Stadt Danzig entsprungen. Die heutige Gemeinde, die ca. 200 Bewohnerinnen und Bewohner zählt, ist in einer Bauernkooperative organisiert, deren vormaliges Zentrum innerhalb einer Ansammlung aus öffentlichen Gebäuden und Wohngebäuden situiert war. Bei einem Brand im Jahre 2014 ging mit diesem Gebäude auch ein Teil des Gemeinschaftslebens in Delta verloren. Das Zentrum, das vorwiegend als Wirtschaftsgebäude konzipiert war, vereinte einen Einkaufsladen, eine Tankstelle, eine Lagerhalle der Bauernkooperative Deltas sowie ein Büro des Verwalters und ein kleines archivartiges Museum.

Der Entwurfsgedanke bezieht Vergangenheit und Gegenwart der Mennoniten Uruguays ein, um einen Vorschlag für deren Zukunft zu unterbreiten, indem er den Fokus des Raumprogramms hin zu einem Ort der Begegnung und der Kommunikation verschiebt. Es wird um ein Café ergänzt, das den Bewohnern zur Verfügung steht und gleichzeitig Besucher von außen in die Kolonie zieht. Ein Teil der neuen Räumlichkeiten soll als Museum genutzt werden können und den Menschen die Außeinandersetzung mit der Geschichte der Kolonie ermöglichen. Die umgebende, vernakuläre Architektur ist hauptsächlich durch Funktionalität und Einfachheit geprägt. Durch seine Klarheit bietet das neue Zentrum eine räumliche Alternative, die sich eindeutig von den sonstigen Gebäuden der Kolonie unterscheidet und sich dennoch wie selbstverständlich in das Gesamtbild einfügt. Dabei bildet das Gebäude ein Gefäß für die Ideen und Wünsche der zukünftigen Nutzer. Die niederschwellige Zugänglichkeit wird durch einen umlaufenden Laubengang verstärkt, der den Übergang von Innen und Außen verschwimmen lässt. Als zwischengeschalteter Nutzungsbereich bildet ein überdachter Außenraum gleichzeitig Offenheit und Schutz vor der Witterung. In seiner Mitte befindet sich die Parilla, die als bekannteste Kochstelle der Uruguayer den Gedanken von Zusammenkunft und Gemeinschaftlichkeit manifestiert.

Elementarer Teil des Entwurfs ist das Material der Konstruktion: Lehm. Neben den ökologischen und ökonomischen Aspekten sind vorallem seine hygrothermischen Fähigkeiten für das lokale Klima interessant. Vorallem aber überzeugen die sozialen Effekte bei der Verarbeitung: Lehm kann unter Anleitung einfach und durch Laien verarbeitet werden, was den Grad der Partizipation der Gemeinschaft und der daraus resultierenden Identifikation signifikant erhöht.

Der Entwurf bildet die Grundlage für ein 1zu1-Projekt, das ab August 2020 realisiert wird.

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