Khorgos

freier Entwurf SoSe 2021| Mathis Gebauer

Lokale Realitäten sind ein Ausdruck neuer globalisierter Verhältnisse. Dieser Ausdruck äußert sich nicht mehr nur in den urbanisierten Gebieten der Metropolregionen, sondern ebenso in ruralen Regionen und entlegenen Gegenden. Zugleich artikulieren sich in den Realitäten neben den politischen, sozialen, wirtschaftlichen und technischen Strukturen des 21. Jahrhunderts, einzigartige regionale Kulturen mit reichen Traditionen. Während einerseits Assimilationsprozesse regionale Identitäten verblassen lassen, äußert sich in der Spannung zwischen einer fluiden globalen Identität und spezifisch lokalen Kontexten ein immer komplexerer Kontext. Die Fragen nach der Maßstäblichkeit des Projektes, nach dem Umgang mit der Komplexität des Kontextes und einer Haltung sind hierbei zentral.

In einer Ansprache an das Council of Foreign Relations, über die Notwendigkeit einer neuen geopolitischen Architektur, machte die scheidende amerikanische Außenministerin Hillary Clinton einen interessanten Vorschlag: „Wir brauchen eine neue Architektur für diese neue Welt, eher Frank Gehry als klassische Antike.“ Sie beschreibt das System, dominiert von den Vereinten Nationen, der NATO und weiteren Organisationen als äquivalent zum Parthenon in Athen. „Im Kontrast dazu steht Gehrys moderne Architektur […] Ein Teil seiner Arbeit mag willkürlich erscheinen, aber tatsächlich ist sie bewusst und raffiniert,“ und weiter „wo ehemals einige starke Säulen die Welt tragen konnten, brauchen wir heute einen dynamischen Mix aus Materialien und Strukturen.“ Obwohl sich über die Architektur Frank Gehrys gewiss diskutieren lässt, vermittelt die Metapher das richtige Bild. Zugehörigkeit und Identität, sind traditionell territorial verankert. Durch den expandierenden transnationalen Fluss von Personen, Geld, Waren, Daten und letztendlich auch Kultur, wird diese Auffassung unterminiert. Dieser Fluss ist auf konkrete und virtuelle Strukturen im großen Maßstab angewiesen. Supernationale Infrastrukturen, Sonderwirtschaftszonen, internationale Handelsverträge, bi- und multilaterale Bündnisse und weitere ökonomische und politische Instrumente generieren Typologien überlappender und verschachtelter Kompetenzen und Zuständigkeiten. Gebündelt mit der weltweiten Computerisierung verzerren und verformen diese Komplexitäten den Status Quo, von der westfälischen Logik politischer Geografie, bis zum individuellen Verständnis von Zugehörigkeit und Identität. Um es mit den Worten Donald Trumps auszudrücken: „Das ganze Zeitalter des Computers hat es geschafft, dass niemand genau weiß was los ist“

 

An diese Komplexität sind unweigerlich neue Bedürfnisse gebunden, neue Strukturen von Kultur und Gemeinschaft und somit neue Formen der individuellen Identitätsbildung. Wie äußern sich diese daraus resultierenden Bedürfnisse räumlich?

 

Charakteristisch steht hierfür Chinas Infrastrukturprojekt der Belt and Road Initiative, der „Neuen Seidenstraße“. Ein Name, der als Label für eine Vielzahl an infrastrukturellen und ökonomischen Interventionen Chinas in Südostasien, in Zentralasien, im Nahen Osten, in Ostafrika und in Europa.

An 08. September 2013 gibt Chinas Staatspräsident Xi Jinping in einer Rede an der Nazarbayev Universität in Nur-Sultan den Start des Silk Road Economic Belt (SREB) bekannt, dem Überlandkomponenten der Belt and Road Initiative (BRI). Die Belt and Road Initiative ist ein chinesisches geopolitisches Unternehmen und Investitionsplan mit dem Ziel eine florierende eurasische Handelszone um die alte Seidenstraße und wohl, als Ganzes gesehen, das größte Infrastrukturprojekt der Geschichte und somit der größte Entwurf im größten Maßstab, mit dem Ziel 65% der Weltbevölkerung durch Infrastruktur, Stadtentwicklung, internationale Handelsabkommen und dem Abstecken von Sonderwirtschaftszonen entlang des BRI-Korridors von Chongqing bis Duisburg. Anderseits ist es nicht mehr als ein Narrativ, dass expansive Infrastrukturpolitik euphemistisch fasst um ökonomische, soziale und politische Partizipation zu katalysieren.

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