memento mori | Der Tod im Wandel

Bachelorarbeit | Paul Henri Stockhausen | WS 19/20

Der Tod ist immer eine Ungewissheit, man erfährt ihn nur durch jemanden Anderen. Zwar ist seine Gegenwart ständig, dennoch sehen wir ihn und erfahren ihn nur, durch den Eintritt des Todes eines Angehörigen oder eines Bekannten. Repräsentiert durch den physischen Körper, den Leichnam, stehen wir jedes mal vor den unbeantwortenbaren Fragen - was passiert nach dem Tod und vor allem warum sterben wir? Es ist eine ständige Konfrontation mit dem Ungewissen. Im Diskurs um den Tod sind wir also außenstehend und somit nicht in der Lage den Tod hermaneutisch zu erfassen.

Die Aufgabe der Architektur ist es, dem Tod einen Raum zu geben. Ein Raum der Schwellen beinhaltet, Grenzen abzeichnet und Verbindungen zwischen dem Diesseits und Jenseits zulässt. Um diesen Raum betreten zu können, fordert der Friedhof als Heterotopie in unserer Gesellschaft, Regeln oder Abläufe die uns Zugang gewähren. Im Vordergrund des Entwurfes stand die Suche nach einer räumlichen Lösung, welche sowohl auf die Herausforderungen unserer Zeit eingeht, als auch eine neue Identifikation einer Gesellschaft mit dem Raum als Hort für die Toten bildet. Gesellschaftliche Herausforderungen, wie erhöhter Platzmangel in Großstädten, mangelnde Identifikation einer säkularen Gesellschaft und die dezentrale Wohnsituation der mobilen Städter, führen dazu, dass der Friedhof so wie wir ihn heute kennen in Zukunft keine Relevanz mehr haben wird. 

Der Ausgangspunkt bestand im technologischen Wandel des Bestattungsvorganges. Durch die sogenannte alkalische Hydrolyse, Resomation, wird der Körper innerhalb kürzester Zeit aufgelöst. Diese effiziente und klimafreundliche Bestattungsmethode ermöglicht es, durch die am Ende gewonnene Substanz, Natur in Form von Pflanzen, Bäumen oder Sträuchern als freien sukzessiven Garten anzusiedeln.Es entsteht ein kollektives Grab mit zeitlich unbegrenzter Verweildauer. Unterhalb dieses Gartens befinden sich die Räumlichkeiten für die Hinterbliebenen. Räume der Erinnerung, Verabschiedung, der Stille oder der Begegnung bilden einen zusammenhängenden zeremoniellen Zyklus. In der Mitte befindet sich das technologische Zentrum, zu dem alle Wege hinführen. Sichtbar, aber im Inneren nicht einsehbar. Der Wandelgang als Bewegungsraum um den Garten bildet die Schwelle, einen öffentlichen Ort der Kontemplation und Ruhe.

Je nach Lage bildet sich durch die freie Sukzession eine Natur aus unterschiedlichen Pflanzen, die dem Umgang mit dem Tod eine neue Identität geben. Natur im Sinne von geboren werden [lat. nasci, geboren werden, entstehen], im Zusammenhang mit der architektonischen räumlichen Ausprägung des Ortes, als Konfrontation mit der Frage – wie werden wir in Zukunft mi dem Tod umgehen?

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