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Entwurf IRGE WiSe 23

Architektur spiegelt die konstitutionierenden und disruptiven gesellschaftlichen Entwicklungen gleichermaßen. Die wirksamen Veränderungen unserer Disziplin ergeben sich dabei zum einen durch schleichende Prozesse, die kurzfristig unmerklich, aber langfristig enorm bedeutend Einfluss nehmen, sowie zum anderen durch offensichtliche Phänomene, die gleichwohl trotz ihrer unbestreitbaren langfristigen Auswirkungen nicht kurzfristig zu lösen sind. Dies führt zu einer gewissen Ohnmacht, angesichts einer zunehmenden Komplexität, die ein universelles Denken und Handeln verlangen würde aber nur partikulare Interventionen ermöglicht. Verwissenschaftlichung, Entkunstung, Moralisierung, Ökonomisierung, Juristfizierung (eine Wortschöpfung), Digitalisierung etc. sind und werden zum zentralen Gegenstand des Architekturdiskurses, der Architekturproduktion und damit nicht zuletzt Ausdruck von Architektur.

Kündigen diese Dynamiken und Veränderungsfaktoren wieder einmal eine Zeitenwende in der Architektur an? Oder hat sich diese schon mehr oder weniger unbemerkt vollzogen? Und was bedeutet das für das Entwerfen von morgen?

Gerd de Bruyn bemerkt dazu: „Die Architektur überlebt in der Moderne nur, wenn es ihr gelingt, aus der Rolle einer angewandten Kunst und Wissenschaft heraus zu schlüpfen, um den Status einer universellen Disziplin zurück zu gewinnen, die über die intelligiblen und ästhetischen Vermögen verfügt, die partikularisierten Wissensdisziplinen konzeptuell zu einen. Aber wie ist diesem holistischen Anspruch angesichts der Überwältigung von unüberschaubaren zukünftigen Veränderungen nun zu begegnen?

Im Entwurf stellen wir den Versuch an, den großen Fragen auf kleinem Maßstab zu begegnen. Mit Mikroarchitekturen*, die wirksame, zukunftsfähige und alltagstaugliche Lösungen versprechen und gleichzeitig fähig sind, aktuelle Konventionen zu befragen, zu verhandeln und zu kommentieren.

Im Format eines freien architektonischen Capriccios** sollen am Anfang des Entwurfsprozesses inhaltliche und konzeptionelle Ausgangspunkte erarbeitet werden, die dann zum architektonischen Projekt vertieft und konkretisiert werden.

… „stell dir vor“ … /imagine

* Mikro-Architektur: Kiosk, Projektbühne, Neugierde, Spielbude, Folie, Stadtloggia, Belvedere, Pavillon, Haltestelle, Tempietto, Pop-Up-Bar, Ruhbank, Wunderkammer, Imitation, Laube, Warte, Landmarke oder ein Objekt im Metaversum …

** Capriccio: absichtlicher, lustvoller Regelverstoß. Die phantasievolle, spielerische Überschreitung der akademischen Normen, ohne die Norm außer Kraft zu setzen. Innovativ, überraschend, mit ungewohnter Bildsprache, gründlichen Recherchen und einer persönlichen Haltung.

Lehrpersonen: Prof. Markus Allmann, Bettina Klinge, Gregor Löber

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