Seminar IRGE WS19/20

 „Wäre die Natur behaglich, hätten die Menschen die Architektur nicht erfunden“

Oscar Wilde

Die Mensch-Natur-Beziehung ist komplex und widersprüchlich. Ursprungsmythen über das Bauen und den Beginn der Architektur lassen im Bild der Urhütte und frühen Höhlenbehausungen zwar ein Leben in Einklang mit der Natur vermuten, in ihrer Wildnis und Unberechenbarkeit wird Natur aber seit jeher auch als Gefahr und Bedrohung wahrgenommen. Inzwischen hat sich das Verhältnis allerdings umgekehrt. Der Mensch bedroht die Natur und das ökologische Gleichgewicht der Erde und ist drauf und dran sich seiner eigenen Lebensgrundlage zu entziehen. Das Insektensterben ist nur eines der vielen alarmierenden Anzeichen für ein „Verstummen der Natur“. Neben dem Artensterben scheinen extreme Wetterphänomene Beleg für einen menschengemachten Klimawandel zu sein, dem die politischen Verantwortlichen mit Ignoranz oder harmlosen Maßnahmen begegnen und damit die junge Generation in Scharen wütend auf die Straße treibt. In Singapur, der „grünsten Metropole“ der Welt, erobern derweil wilde Tiere verlorenes Terrain zurück, klettern Fassadenbegrünungen hoch und lösen Noteinsätze aus. Ungeachtet solcher Szenarien ist die Sehnsucht nach Natur und der Drang ins Freie größer denn je. Wie verändert sich angesichts derart tiefgreifender Veränderungen unsere Sichtweise auf die Natur? Sind „Biodiversität“ „Biodesign“ „Vertikalgrün“ nur beschönigende Schlagworte oder finden sich darin Lösungsansätze auf die drängenden, aktuellen Herausforderungen?

Das Seminar untersucht Natur als Vorbild und Fundus in allen ihren Facetten, sowie das Verhältnis Mensch-Natur als kulturgeschichtliches Phänom und auf ökologischer, städtebaulicher und architektonischer Ebene. Wir nähern uns dem vielzitierten Begriff des Anthropozän, betrachten Beispiele aus der zeitgenössischen Kunst und analysieren Beispiele aus der Architekturgeschichte, sowie aktuelle realsierte Projekte.

Im Rahmen des Seminars ist im November eine Exkursion nach London zur Werkschau von Olafur Elliasson in der Tate Modern geplant.

Zum Seitenanfang