Das dritte Wohnzimmer

Johannes Gutmann | Dominik Stoschek

Das Phänomen der sozialen Isolation, vor allem in urbanen Zentren, nimmt in den letzten Jahren enorm zu. In Deutschland lebte 2016 in rund 41 % aller Haushalte nur noch eine Person. 2040 wird jede vierte Person in Deutschland allein leben. Eine finnische Studie ergab, dass die Wahrscheinlichkeit, innerhalb von acht Jahren eine Depression zu bekommen, bei Alleinlebenden um nahezu 80 Prozent erhöht ist. Anfang 2018 rief Großbritannien ein Ministerium für Einsamkeit ins Leben. Die britische Premierministerin Theresa May begründete den Schritt mit der “traurigen Realität des modernen Lebens”, die Millionen Menschen betreffe. Doch es gibt Helfer: Digitale Apps wie Nebenan. de und Nachbarschaft.net sollen helfen, der Anonymität der Städte zu entkommen. Der Trend geht hin zu einer Auslagerung des häuslichen Alltags - zum Einen aus Platzproblemen, zum Anderen aus Praktizitätsgründen. Gearbeitet wird im Café nebenan, das Fahrrad kann an der mobilen Werkstatt repariert werden und das Päckchen wird im Paketshop abgeholt.

Dennoch, nicht jeder hat den Zugang oder gar das nötige Geld um sich diesen Lebensstil leisten zu können. Diejenigen, denen diese Möglichkeiten verwehrt bleiben, werden vom gesellschaftlichen Leben ausgeschlossen und versinken in der Anonymität der Stadt. Hinzu kommt, dass Städte oft einer hohen Fluktuation und einer hohen Zuzugsrate ausgesetzt sind, weshalb soziale Gebilde oftmals fragil und temporär bleiben. Man verweilt gerne unter seinesgleichen und ist somit in einer sozialen Blase unterwegs. Ein Ort der intergenerationellen Verständigung durch alle sozialen Schichten hindurch fehlt jedoch oft.

Wie könnte also ein Ort, ein Gebäude aussehen, das versucht die Gemeinschaft innerhalb eines Viertels zusammenzubringen, indem es sowohl informelle Räume der Zusammenkunft schafft, dabei aber auch gleichzeitig praktischer Anlaufpunkt für tägliche Dinge des Alltags ist? Es soll ein Ort entstehen, der eine Art Offline-Forum, ein Marktplatz des Viertels darstellt: Das dritte Wohnzimmer, welches sowohl den gesellschaftlichen Austausch fördert, als auch neue Konzepte innerstädtischen Lebens anbietet. Frei und temporär nutzbare Räume als Begegnungsstätte in Kombination mit partizipativen, identitätsstiftenden Funktionen wie Cafés und Shared Workshops stellen den Kern des Gebäudes dar. Praktische Anlaufpunkte wie Fahrradboxen, DHL-Locker und Waschsalon bieten zusätzliche Infrastruktur für das Quartier.

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